"Krebs - meine Geschichte"

02.12.2000

Jetzt habe ich seit gestern die dritte Chemo hinter mir. Die Haare waren bei der zweiten Chemo total erledigt. Es gab eine Zweitfrisur. Die Zweitfrisur hätte ich mir geschenkt, wenn es Sommer wäre. Ich komme mit der Zweitfrisur überhaupt nicht zurecht, trage sie allerdings ab und zu, weil es kalt ist. Laufe aber lieber ohne Haare, oder mit Mütze rum. Wie gesagt, die Haare machen keinen Menschen!
Bei der zweiten Chemo war es mir nur schlecht. Die Chemos die ich erhalte, sind angeblich die "Härtesten". Auf jeden Fall, das rote Zeug ist das Letzte. Es ist heimtückisch wie der Krebs. Man meint, ok, jetzt geht es mir heute solala gut, aber nein, dann geht es einem überhaupt nicht. Weder gut noch schlecht. Es gibt Tage, die könnte man mittlerweile auch ersatzlos streichen.
Ich hasse es, wenn ich meinen Körper nicht kontrollieren kann. "Mind over matter" übe ich im Moment mit Meditation und einem starken Willen. Die Chemo treibt meinen Körper zum Äußersten, z. B. heiß/kalt Effekte.
D.h. ich schwitze wie verrückt und sehe aus, wie wenn ich Bluthochdruck hätte und im nächsten Moment habe ich einen Schüttelfrost. Ein Tag bin ich angeschwollen wie ein Michelinmännchen und den nächsten Tag habe ich 6 kg weniger. Rundum, jetzt nach der dritten, wo es mir noch schlechter geht, kotzt es mich an!

Ab Montag bekomme ich dann noch täglich Bestrahlungen in der Strahlenambulanz. Das macht bestimmt noch mehr Freude. Man wollte mir trotz den 20 Bestrahlungen auch noch eine vierte Chemo am 22.12.2000 auf das Auge drücken, das mache ich nicht. Mein Magen rastet aus, mir ist übel, ich muß mich jetzt zwingen, zu schreiben und dann noch mehr Gift. Nein! Ich lasse mir jetzt mal die 20 Bestrahlungen geben, es war zwar nur die Rede von 5, jetzt sind es 20. Danach nochmals 3 bis 4 Chemos. Die machen meinen Luxuskörper hinüber. Na ja, der Krebs hat ja auch schon einiges dazu getan. Allerdings meine ich, lebe ich jetzt mal besser mit dem Krebs und nicht gegen ihn. Nach den Gesprächen mit anderen Krebspatienten denke ich, er muß nicht immer weg bleiben, manchmal kommt er auch wieder. Man nennt ihn auch eine "chronische Krankheit". Viele Menschen haben natürlich Glück und er kommt nie wieder. So stelle ich mir das bei mir vor. Soviele Ärzte wie ich jetzt in den letzten 8 Wochen sah, sah ich in meinem ganzen Leben noch nicht! Ich möchte mich auch nicht daran gewöhnen noch mehr Ärzte kennen zu lernen. Dr. S. und ich arbeiten sehr gut zusammen. Er ist ein Superarzt. So etwas habe ich noch nie erlebt!
Wenn es mir ganz arg schlecht geht, hört er mir zu. Wenn ich Fragen habe, beantwortet er sie erschöpfend. Wenn er etwas empfiehlt hat er Hintergrundwissen. Damit kann ich leben! Ich kann auf jeden Fall mit der Diagnose Krebs leben, aber mit diesem Gift eigentlich nicht.
Für meinen Sohn ziehe ich es jetzt einfach durch, obwohl es von mal zu mal schlimmer zu sein scheint.
Es gibt allerdings kein anderes Heilmittel, außer den Chemos. Man arbeitet gerade an einer Spritze, getestet ist sie, ausprobiert anscheinend auch, aber noch nicht in Umlauf. Eine Misteltherapie habe ich nicht gemacht. Ich verlasse mich auf Obst, Gemüse, Fisch und abwechslungsreiche Kost, habe mich auch wieder auf Soja verlegt. In Japan hat fast keine Frau Brustkrebs. Das gibt es einfach nicht in Japan. D. h. Krebs ist nicht ein psychologisches Problem, oder nur ein Raucherproblem, Krebs ist auch ein Ernährungsproblem und ein definites Umweltproblem. Ziehen Japanerinnen nach USA bekommen sie genauso Brustkrebs wie die Amerikanerinnen. Das ist doch unglaublich.

03.12.2000
Kleine Anmerkung: Jetzt habe ich ein Ei am rechten Arm, da ich eh schon eine Venenentzündung dank Chemo hatte, hat die sich jetzt wohl ausgebreitet. "Würg", aber das überlebe ich auch noch!


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© Eva-Maria Schubert-Laudenklos